Christian Schweppe – Zeiten ohne Wende (München, C.H. Beck, 2024)

Christian Schweppes Zeiten ohne Wende ist eine schonungslose Analyse der deutschen Verteidigungspolitik und der gescheiterten Umsetzung der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen „Zeitenwende“. Das Buch beleuchtet auf knapp 320 Seiten die historische, politische und gesellschaftliche Entwicklung der Bundeswehr und Deutschlands Rolle in der internationalen Sicherheitsarchitektur seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022.

Inhalt und Schwerpunkte

Das Werk gliedert sich in drei Phasen, die von der Ausrufung der Zeitenwende über die Schwierigkeiten der Umsetzung bis hin zur Frage, ob diese jemals realisiert wird, reichen.

Im Kapitel Kaltstart analysiert Schweppe die Überraschung und Überforderung der deutschen Politik, die sowohl auf den Kriegsausbruch als auch auf die eigenen strukturellen Defizite unzureichend vorbereitet war. Die jahrelange Vernachlässigung der Bundeswehr und die mangelhafte Ausrüstung werden deutlich, sei es durch fehlende Munition oder sogar T-Shirts in den Kasernen.

In Mangelwirtschaft und Abschreckung beschreibt Schweppe die ineffiziente Beschaffung und das bürokratische Dickicht, das dringend notwendige Modernisierungen blockiert. Trotz Milliardeninvestitionen bleibt Deutschland weit hinter den NATO-Vorgaben zurück, während gleichzeitig Widersprüche, wie inkompatible Ausrüstung zwischen den NATO-Partnern, den Verteidigungserfolg gefährden.

Die Kapitel der zweiten Phase, wie Geheimnisse und Goldrausch, legen politische Fehler offen. So wird etwa die Entscheidung, der Ukraine lediglich 5.000 Helme zu liefern, zur internationalen Lachnummer, während fragwürdige Lobbyaktivitäten rund um das Sondervermögen der Bundeswehr zunehmen. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wird als Symbol dieser chaotischen Phase dargestellt – mit unglücklichen öffentlichen Auftritten und mangelnder Fachkompetenz.

Der dritte Teil, beginnend mit Neubeginn, zeigt mit der Ernennung von Boris Pistorius zwar Ansätze eines Wandels, doch bleibt der Reformstau immens. Von maroden Kasernen bis hin zu fehlender Digitalisierung sieht Schweppe die Umsetzung der Zeitenwende weiterhin blockiert. Auch ambitionierte Projekte, wie die dauerhafte Stationierung deutscher Truppen in Litauen, kranken an mangelnder Planung.

Fazit

Schweppes Buch ist sowohl ein politisches als auch ein historisches Werk, das die Diskrepanz zwischen der Ausrufung der Zeitenwende und der Realität scharf herausarbeitet. Es zeigt auf, wie politische, bürokratische und wirtschaftliche Hürden Deutschland daran hindern, eine glaubwürdige Verteidigungsstrategie zu entwickeln. Zeiten ohne Wende ist ein Weckruf, der verdeutlicht, dass die angekündigten Veränderungen bislang weitgehend ausblieben und Deutschland weiterhin in einem sicherheitspolitischen Dilemma steckt.

Dieses Buch ist ein Muss für alle, die sich für Verteidigungspolitik, die Geschichte der Bundeswehr und die Herausforderungen moderner Sicherheitspolitik interessieren. Schweppes präzise Analyse macht deutlich, dass echte Reformen notwendig sind, um den Anspruch der Zeitenwende zu erfüllen.

Das Buch umfasst 348 Seiten Text und ist für 26 Euro zu erhalten.