Angela Merkels Autobiografie „Freiheit. Erinnerungen 1954–2021“ bietet auf über 700 Seiten einen detaillierten Einblick in ihr Leben und ihre 16-jährige Amtszeit als Bundeskanzlerin. Das Werk, verfasst in Zusammenarbeit mit ihrer langjährigen Vertrauten Beate Baumann, beleuchtet sowohl persönliche Erfahrungen als auch politische Entscheidungen, die Deutschland und die Welt prägten.
Kindheit und Jugend in der DDR
Merkel schildert ihre Kindheit und Jugend in der DDR, geprägt von den Einschränkungen des Regimes und dem Wunsch nach Freiheit. Sie beschreibt, wie diese Erfahrungen ihr Denken und späteres politisches Handeln beeinflussten. Überraschend offen spricht sie über persönliche Erlebnisse, wie ihre Angst vor Hunden, die bei einem Treffen mit Wladimir Putin eine Rolle spielte.
Politischer Aufstieg und Kanzlerschaft
Nach dem Mauerfall 1989 begann Merkels politische Karriere in der wiedervereinigten Bundesrepublik. Sie beschreibt ihren raschen Aufstieg in der CDU, die Herausforderungen als ostdeutsche Frau in einer westlich geprägten Partei und ihren Weg zur ersten Bundeskanzlerin Deutschlands im Jahr 2005. Besonders hebt sie die Bedeutung der Freiheit als Leitmotiv ihres politischen Handelns hervor.
Krisen und Entscheidungen
Merkel reflektiert zentrale Ereignisse ihrer Amtszeit, darunter die Finanzkrise, die Eurokrise und die Flüchtlingskrise 2015. Sie verteidigt ihre Entscheidungen, wie den Satz „Wir schaffen das“ während der Flüchtlingskrise, und erläutert die dahinterstehenden Überlegungen. Kritik an ihrer Politik begegnet sie mit dem Hinweis auf die Komplexität der Situationen und die Notwendigkeit pragmatischer Lösungen.
Beziehungen zu internationalen Akteuren
Einblicke in ihre Beziehungen zu internationalen Staats- und Regierungschefs, wie Wladimir Putin und Donald Trump, verdeutlichen die Herausforderungen der Diplomatie. Merkel beschreibt ihre Bemühungen, trotz unterschiedlicher Werte und Interessen, konstruktive Dialoge zu führen und betont die Bedeutung von Geduld und strategischem Denken in der internationalen Politik.
Selbstreflexion und Auslassungen
Obwohl Merkel an einigen Stellen Selbstkritik übt, etwa in Bezug auf Versäumnisse bei der Digitalisierung und der Stärkung der Bundeswehr, bleiben tiefgreifende Selbstreflexionen aus. Einige Themen, wie der Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler oder die Wulff-Affäre, werden nicht behandelt. Dies führt zu Diskussionen über die Vollständigkeit und Offenheit ihrer Memoiren.
Fazit
„Freiheit“ ist ein umfassendes Werk, das Angela Merkels Sicht auf ihr Leben und ihre politische Laufbahn darstellt. Es bietet detaillierte Einblicke in ihre Entscheidungsprozesse und die Herausforderungen ihrer Amtszeit, bleibt jedoch in einigen Bereichen zurückhaltend. Für Leserinnen und Leser, die einen Überblick über Merkels Perspektive auf ihre Kanzlerschaft suchen, ist das Buch eine wertvolle Quelle.
Das Buch ist teilweise stark vergriffen, derzeitig aber für ca. 42 Euro im Handel erhältlich.