Dr. Herny Picker, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier

Henry Pickerts Buch „Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier“ bietet einen eindrucksvollen Einblick in die Gedankenwelt Adolf Hitlers während seiner Zeit im Führerhauptquartier. Die Aufzeichnungen erstrecken sich über die Jahre 1941 bis 1942 und spiegeln die Dynamiken, Entscheidungen und politischen Visionen Hitlers wider. Die Gespräche vermitteln, in welcher Weise Hitler über Politik, Ideologie, Religion und Krieg nachdachte und wie er versuchte, seine Ideen in die Realität umzusetzen.

Ein bedeutender Aspekt des Buches ist die Entstehungsgeschichte der Tischgespräche selbst. Diese wurden von Pickert, einem Juristen und Nicht-Mitglied der NSDAP oder Wehrmacht, in direkter Nähe zu Hitler verfasst. Das Führerhauptquartier, das weniger als fester Ort, sondern als mobile Kommandozentrale verstanden werden muss, ermöglichte Pickert den direkten Zugang zu Hitlers innerstem Kreis und brachte ihm auch persönliche Feindschaften ein, etwa die von Heinrich Himmler. Dennoch gelang es ihm, die Tischgespräche zu dokumentieren und eine Sicht auf Hitler zu eröffnen, die durch die Nähe zu den Ereignissen bemerkenswert detailliert ist.

Die Tischgespräche selbst offenbaren Hitlers Weltsicht in vielerlei Facetten. Er betrachtete die Welt als eine Art „Wanderpokal“, der immer in die Hände des Stärkeren gerät. Diese Sichtweise spiegelt sich auch in seinen politischen Zielen wider: Hitler verfolgte eine aggressive Expansionspolitik und sah sich als Berufener, das Schicksal Europas unter deutscher Führung zu bestimmen. Sein Plan, ein vereintes Europa unter deutscher Hegemonie zu schaffen, ist ein immer wiederkehrendes Thema der Gespräche, ebenso wie die Propaganda, die durch einfache und einprägsame Slogans von Joseph Goebbels den Massen vermittelt wurde.

Ein weiteres bemerkenswertes Thema der Tischgespräche ist Hitlers Haltung gegenüber Religion. Er sah in Jesus Christus einen Arier und war der Ansicht, dass die Religion der Menschheit eine geistige Basis bieten sollte, ohne jedoch den institutionellen Kirchen zu vertrauen. Seine Abneigung gegen die christlichen Kirchen, die sich gegen seine Judenpolitik und gegen die Ermordung von geistig behinderten Menschen stellten, kommt immer wieder zum Ausdruck. Gleichzeitig äußerte er eine gewisse Faszination für mystische und pseudoreligiöse Themen, die sich etwa in seiner Vorstellung vom „Blut und Boden“-Heidentum widerspiegelt.

Die Gespräche beleuchten auch Hitlers persönliche Lebensweise. Er war ein strenger Vegetarier, der eine gesunde Ernährung propagierte und strikte Tagesabläufe einhielt. Auch seine Beziehungen zu seinen engsten Vertrauten im Führerhauptquartier werden thematisiert. Interessanterweise beschreibt Pickert Hitler hier als „pater familias“, der den Mitarbeitern gegenüber eine offene und beinahe fürsorgliche Haltung einnahm. Eva Braun, Hitlers langjährige Partnerin, wird ebenfalls als seine einzige Geliebte seit 1932 erwähnt, wobei er gleichzeitig als Charmeur gegenüber anderen Frauen beschrieben wird.

Die politische und militärische Seite des Buches ist nicht minder eindrucksvoll. Hitler spricht in den Tischgesprächen offen über seine Pläne, wie etwa die Eroberung und Besiedlung des Ostens, die er nach dem Vorbild der britischen Kolonialpolitik in Indien plante. Auch die Judenvernichtung wird, wenn auch nur am Rande, thematisiert. Interessanterweise behauptet Pickert, dass die Details dazu im Führerhauptquartier nicht diskutiert wurden und Hitler selbst die „Reichskristallnacht“ nicht genehmigt habe.

Auch die Beziehung zu anderen Nationen und politischen Führern findet Eingang in die Gespräche. So wird die Zusammenarbeit mit Mussolini thematisiert, und Hitlers vergebliches Bemühen, Großbritannien als Verbündeten zu gewinnen, wird deutlich. Besonders sticht die Bemerkung hervor, dass Hitler die britische Marine nicht provozieren wollte, um eine Allianz nicht zu gefährden – ein Unterfangen, das letztendlich scheiterte.

Was die militärischen Aspekte angeht, gibt das Buch interessante Einblicke in Hitlers Meinung zur Wehrmacht und zu neuen Technologien. Die Förderung der Luftwaffe und der Panzerwaffe war ihm ein persönliches Anliegen, da er die Marine, insbesondere Schlachtschiffe, als veraltet und ineffektiv ansah. Der Entschluss, die russische Stadt Leningrad auszuhungern und zu zerstören, ist nur ein Beispiel für die grausame Konsequenz seiner Überlegungen.

Insgesamt ist Pickerts Buch eine eindrucksvolle Dokumentation, die tief in Hitlers Gedankenwelt eindringt. Die Tischgespräche sind geprägt von Hitlers Visionen einer neuen Weltordnung, seiner Obsession für Rassenideologie und seinen kruden Vorstellungen zur Formung der Gesellschaft. Die Gespräche, oft von langen Monologen geprägt, zeigen einen Mann, der fest davon überzeugt war, die Zukunft Europas zu gestalten, jedoch viele der sozialen und politischen Realitäten vollkommen falsch einschätzte.

Die Tatsache, dass die Gespräche direkt aus dem Führerhauptquartier stammen und aus einer Zeit, in der der Zweite Weltkrieg seinen Höhepunkt erreichte, machen dieses Buch zu einer einzigartigen Quelle für Historiker und interessierte Leser. Es ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Entscheidungsprozesse und gibt einen Einblick in die Widersprüche und Gedankengänge eines der umstrittensten Figuren der Geschichte.

Das Werk ist im Hauptteil 502 Seiten stark und im Antiquariat erhältlich.

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