Eisiges Schweigen Flussabwärts von Michael Thumann

Eisiges Schweigen flussabwärts | Thumann, Michael | Hardcover

In seinem 2025 erschienenen Buch Eisiges Schweigen flussabwärts unternimmt der ZEIT-Korrespondent Michael Thumann eine eindrucksvolle Reise von Moskau nach Berlin. Dabei dokumentiert er die zunehmende politische und gesellschaftliche Kälte zwischen Russland und Europa. Seine Route führt ihn über die schwer bewachten Außengrenzen Russlands, zunächst nach Osten Richtung Zentralasien, dann nach Westen über die baltischen Staaten und Polen nach Deutschland . (Eisiges Schweigen flussabwärts | Lesejury, csm_ZFL_social-media-bild_Schmidt_5859f41361.jpg, Eisiges Schweigen flussabwärts | Thumann | e-Book)

Thumann beschreibt eindringlich die Herausforderungen, denen sich Journalisten in Russland gegenübersehen, einschließlich Schikanen und eingeschränktem Zugang zu Informationen. Er berichtet von Begegnungen mit russischen Flüchtlingen und Menschen aus Osteuropa, die ihre Ängste vor Russlands Revanchismus und Kriegslust äußern . Dabei reflektiert er auch seine eigene Familiengeschichte und die Ursachen für das angespannte deutsch-russische Verhältnis. (Michael Thumann: Eisiges Schweigen flussabwärts bei hugendubel.de …, Eisiges Schweigen flussabwärts | Thumann | e-Book, csm_ZFL_social-media-bild_Schmidt_5859f41361.jpg)

Das Buch ist ein persönlicher Reisebericht, der die erneute Teilung Europas mit eigenen Augen erkundet und ein mitreißendes zeitgeschichtliches Zeugnis von der Suche nach einer Sicherheit bietet, die viele bereits verloren haben . (Eisiges Schweigen flussabwärts: Eine Reise von Moskau nach Berlin)

Bibliografische Angaben:

  • Autor: Michael Thumann
  • Titel: Eisiges Schweigen flussabwärts – Eine Reise von Moskau nach Berlin
  • Verlag: C.H.Beck
  • Erscheinungsjahr: 2025
  • ISBN: 978-3-406-83003-7
  • Seitenzahl: 284

Angela Merkel: Freiheit

Angela Merkels Autobiografie „Freiheit. Erinnerungen 1954–2021“ bietet auf über 700 Seiten einen detaillierten Einblick in ihr Leben und ihre 16-jährige Amtszeit als Bundeskanzlerin. Das Werk, verfasst in Zusammenarbeit mit ihrer langjährigen Vertrauten Beate Baumann, beleuchtet sowohl persönliche Erfahrungen als auch politische Entscheidungen, die Deutschland und die Welt prägten.

Kindheit und Jugend in der DDR

Merkel schildert ihre Kindheit und Jugend in der DDR, geprägt von den Einschränkungen des Regimes und dem Wunsch nach Freiheit. Sie beschreibt, wie diese Erfahrungen ihr Denken und späteres politisches Handeln beeinflussten. Überraschend offen spricht sie über persönliche Erlebnisse, wie ihre Angst vor Hunden, die bei einem Treffen mit Wladimir Putin eine Rolle spielte.

Politischer Aufstieg und Kanzlerschaft

Nach dem Mauerfall 1989 begann Merkels politische Karriere in der wiedervereinigten Bundesrepublik. Sie beschreibt ihren raschen Aufstieg in der CDU, die Herausforderungen als ostdeutsche Frau in einer westlich geprägten Partei und ihren Weg zur ersten Bundeskanzlerin Deutschlands im Jahr 2005. Besonders hebt sie die Bedeutung der Freiheit als Leitmotiv ihres politischen Handelns hervor.

Krisen und Entscheidungen

Merkel reflektiert zentrale Ereignisse ihrer Amtszeit, darunter die Finanzkrise, die Eurokrise und die Flüchtlingskrise 2015. Sie verteidigt ihre Entscheidungen, wie den Satz „Wir schaffen das“ während der Flüchtlingskrise, und erläutert die dahinterstehenden Überlegungen. Kritik an ihrer Politik begegnet sie mit dem Hinweis auf die Komplexität der Situationen und die Notwendigkeit pragmatischer Lösungen.

Beziehungen zu internationalen Akteuren

Einblicke in ihre Beziehungen zu internationalen Staats- und Regierungschefs, wie Wladimir Putin und Donald Trump, verdeutlichen die Herausforderungen der Diplomatie. Merkel beschreibt ihre Bemühungen, trotz unterschiedlicher Werte und Interessen, konstruktive Dialoge zu führen und betont die Bedeutung von Geduld und strategischem Denken in der internationalen Politik.

Selbstreflexion und Auslassungen

Obwohl Merkel an einigen Stellen Selbstkritik übt, etwa in Bezug auf Versäumnisse bei der Digitalisierung und der Stärkung der Bundeswehr, bleiben tiefgreifende Selbstreflexionen aus. Einige Themen, wie der Rücktritt von Bundespräsident Horst Köhler oder die Wulff-Affäre, werden nicht behandelt. Dies führt zu Diskussionen über die Vollständigkeit und Offenheit ihrer Memoiren.

Fazit

„Freiheit“ ist ein umfassendes Werk, das Angela Merkels Sicht auf ihr Leben und ihre politische Laufbahn darstellt. Es bietet detaillierte Einblicke in ihre Entscheidungsprozesse und die Herausforderungen ihrer Amtszeit, bleibt jedoch in einigen Bereichen zurückhaltend. Für Leserinnen und Leser, die einen Überblick über Merkels Perspektive auf ihre Kanzlerschaft suchen, ist das Buch eine wertvolle Quelle.

Das Buch ist teilweise stark vergriffen, derzeitig aber für ca. 42 Euro im Handel erhältlich.

Christian Schweppe – Zeiten ohne Wende (München, C.H. Beck, 2024)

Christian Schweppes Zeiten ohne Wende ist eine schonungslose Analyse der deutschen Verteidigungspolitik und der gescheiterten Umsetzung der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen „Zeitenwende“. Das Buch beleuchtet auf knapp 320 Seiten die historische, politische und gesellschaftliche Entwicklung der Bundeswehr und Deutschlands Rolle in der internationalen Sicherheitsarchitektur seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022.

Inhalt und Schwerpunkte

Das Werk gliedert sich in drei Phasen, die von der Ausrufung der Zeitenwende über die Schwierigkeiten der Umsetzung bis hin zur Frage, ob diese jemals realisiert wird, reichen.

Im Kapitel Kaltstart analysiert Schweppe die Überraschung und Überforderung der deutschen Politik, die sowohl auf den Kriegsausbruch als auch auf die eigenen strukturellen Defizite unzureichend vorbereitet war. Die jahrelange Vernachlässigung der Bundeswehr und die mangelhafte Ausrüstung werden deutlich, sei es durch fehlende Munition oder sogar T-Shirts in den Kasernen.

In Mangelwirtschaft und Abschreckung beschreibt Schweppe die ineffiziente Beschaffung und das bürokratische Dickicht, das dringend notwendige Modernisierungen blockiert. Trotz Milliardeninvestitionen bleibt Deutschland weit hinter den NATO-Vorgaben zurück, während gleichzeitig Widersprüche, wie inkompatible Ausrüstung zwischen den NATO-Partnern, den Verteidigungserfolg gefährden.

Die Kapitel der zweiten Phase, wie Geheimnisse und Goldrausch, legen politische Fehler offen. So wird etwa die Entscheidung, der Ukraine lediglich 5.000 Helme zu liefern, zur internationalen Lachnummer, während fragwürdige Lobbyaktivitäten rund um das Sondervermögen der Bundeswehr zunehmen. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wird als Symbol dieser chaotischen Phase dargestellt – mit unglücklichen öffentlichen Auftritten und mangelnder Fachkompetenz.

Der dritte Teil, beginnend mit Neubeginn, zeigt mit der Ernennung von Boris Pistorius zwar Ansätze eines Wandels, doch bleibt der Reformstau immens. Von maroden Kasernen bis hin zu fehlender Digitalisierung sieht Schweppe die Umsetzung der Zeitenwende weiterhin blockiert. Auch ambitionierte Projekte, wie die dauerhafte Stationierung deutscher Truppen in Litauen, kranken an mangelnder Planung.

Fazit

Schweppes Buch ist sowohl ein politisches als auch ein historisches Werk, das die Diskrepanz zwischen der Ausrufung der Zeitenwende und der Realität scharf herausarbeitet. Es zeigt auf, wie politische, bürokratische und wirtschaftliche Hürden Deutschland daran hindern, eine glaubwürdige Verteidigungsstrategie zu entwickeln. Zeiten ohne Wende ist ein Weckruf, der verdeutlicht, dass die angekündigten Veränderungen bislang weitgehend ausblieben und Deutschland weiterhin in einem sicherheitspolitischen Dilemma steckt.

Dieses Buch ist ein Muss für alle, die sich für Verteidigungspolitik, die Geschichte der Bundeswehr und die Herausforderungen moderner Sicherheitspolitik interessieren. Schweppes präzise Analyse macht deutlich, dass echte Reformen notwendig sind, um den Anspruch der Zeitenwende zu erfüllen.

Das Buch umfasst 348 Seiten Text und ist für 26 Euro zu erhalten.

Dr. Herny Picker, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier

Henry Pickerts Buch „Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier“ bietet einen eindrucksvollen Einblick in die Gedankenwelt Adolf Hitlers während seiner Zeit im Führerhauptquartier. Die Aufzeichnungen erstrecken sich über die Jahre 1941 bis 1942 und spiegeln die Dynamiken, Entscheidungen und politischen Visionen Hitlers wider. Die Gespräche vermitteln, in welcher Weise Hitler über Politik, Ideologie, Religion und Krieg nachdachte und wie er versuchte, seine Ideen in die Realität umzusetzen.

Ein bedeutender Aspekt des Buches ist die Entstehungsgeschichte der Tischgespräche selbst. Diese wurden von Pickert, einem Juristen und Nicht-Mitglied der NSDAP oder Wehrmacht, in direkter Nähe zu Hitler verfasst. Das Führerhauptquartier, das weniger als fester Ort, sondern als mobile Kommandozentrale verstanden werden muss, ermöglichte Pickert den direkten Zugang zu Hitlers innerstem Kreis und brachte ihm auch persönliche Feindschaften ein, etwa die von Heinrich Himmler. Dennoch gelang es ihm, die Tischgespräche zu dokumentieren und eine Sicht auf Hitler zu eröffnen, die durch die Nähe zu den Ereignissen bemerkenswert detailliert ist.

Die Tischgespräche selbst offenbaren Hitlers Weltsicht in vielerlei Facetten. Er betrachtete die Welt als eine Art „Wanderpokal“, der immer in die Hände des Stärkeren gerät. Diese Sichtweise spiegelt sich auch in seinen politischen Zielen wider: Hitler verfolgte eine aggressive Expansionspolitik und sah sich als Berufener, das Schicksal Europas unter deutscher Führung zu bestimmen. Sein Plan, ein vereintes Europa unter deutscher Hegemonie zu schaffen, ist ein immer wiederkehrendes Thema der Gespräche, ebenso wie die Propaganda, die durch einfache und einprägsame Slogans von Joseph Goebbels den Massen vermittelt wurde.

Ein weiteres bemerkenswertes Thema der Tischgespräche ist Hitlers Haltung gegenüber Religion. Er sah in Jesus Christus einen Arier und war der Ansicht, dass die Religion der Menschheit eine geistige Basis bieten sollte, ohne jedoch den institutionellen Kirchen zu vertrauen. Seine Abneigung gegen die christlichen Kirchen, die sich gegen seine Judenpolitik und gegen die Ermordung von geistig behinderten Menschen stellten, kommt immer wieder zum Ausdruck. Gleichzeitig äußerte er eine gewisse Faszination für mystische und pseudoreligiöse Themen, die sich etwa in seiner Vorstellung vom „Blut und Boden“-Heidentum widerspiegelt.

Die Gespräche beleuchten auch Hitlers persönliche Lebensweise. Er war ein strenger Vegetarier, der eine gesunde Ernährung propagierte und strikte Tagesabläufe einhielt. Auch seine Beziehungen zu seinen engsten Vertrauten im Führerhauptquartier werden thematisiert. Interessanterweise beschreibt Pickert Hitler hier als „pater familias“, der den Mitarbeitern gegenüber eine offene und beinahe fürsorgliche Haltung einnahm. Eva Braun, Hitlers langjährige Partnerin, wird ebenfalls als seine einzige Geliebte seit 1932 erwähnt, wobei er gleichzeitig als Charmeur gegenüber anderen Frauen beschrieben wird.

Die politische und militärische Seite des Buches ist nicht minder eindrucksvoll. Hitler spricht in den Tischgesprächen offen über seine Pläne, wie etwa die Eroberung und Besiedlung des Ostens, die er nach dem Vorbild der britischen Kolonialpolitik in Indien plante. Auch die Judenvernichtung wird, wenn auch nur am Rande, thematisiert. Interessanterweise behauptet Pickert, dass die Details dazu im Führerhauptquartier nicht diskutiert wurden und Hitler selbst die „Reichskristallnacht“ nicht genehmigt habe.

Auch die Beziehung zu anderen Nationen und politischen Führern findet Eingang in die Gespräche. So wird die Zusammenarbeit mit Mussolini thematisiert, und Hitlers vergebliches Bemühen, Großbritannien als Verbündeten zu gewinnen, wird deutlich. Besonders sticht die Bemerkung hervor, dass Hitler die britische Marine nicht provozieren wollte, um eine Allianz nicht zu gefährden – ein Unterfangen, das letztendlich scheiterte.

Was die militärischen Aspekte angeht, gibt das Buch interessante Einblicke in Hitlers Meinung zur Wehrmacht und zu neuen Technologien. Die Förderung der Luftwaffe und der Panzerwaffe war ihm ein persönliches Anliegen, da er die Marine, insbesondere Schlachtschiffe, als veraltet und ineffektiv ansah. Der Entschluss, die russische Stadt Leningrad auszuhungern und zu zerstören, ist nur ein Beispiel für die grausame Konsequenz seiner Überlegungen.

Insgesamt ist Pickerts Buch eine eindrucksvolle Dokumentation, die tief in Hitlers Gedankenwelt eindringt. Die Tischgespräche sind geprägt von Hitlers Visionen einer neuen Weltordnung, seiner Obsession für Rassenideologie und seinen kruden Vorstellungen zur Formung der Gesellschaft. Die Gespräche, oft von langen Monologen geprägt, zeigen einen Mann, der fest davon überzeugt war, die Zukunft Europas zu gestalten, jedoch viele der sozialen und politischen Realitäten vollkommen falsch einschätzte.

Die Tatsache, dass die Gespräche direkt aus dem Führerhauptquartier stammen und aus einer Zeit, in der der Zweite Weltkrieg seinen Höhepunkt erreichte, machen dieses Buch zu einer einzigartigen Quelle für Historiker und interessierte Leser. Es ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Entscheidungsprozesse und gibt einen Einblick in die Widersprüche und Gedankengänge eines der umstrittensten Figuren der Geschichte.

Das Werk ist im Hauptteil 502 Seiten stark und im Antiquariat erhältlich.

Münkler, Herfried, Welt in Aufruhr, 6. Auflage, Berlin, Rowohlt Verlag, 2023

In seinem sehr lesenswerten und aktuellen Werk kommt Münkler auf gut 456 Seiten auf die aktuelle Weltlage und deren Entwicklung in den vergangenen Jahren und für die nahe Zukunft zu sprechen.

Das Buch ist verständlich und flüssig zu lesen, setzt an einigen Stellen, für ein vollständiges Verständnis, aber die Kenntnis von einigen Klassikern  der Geschichts- bzw. Politikwissenschaft voraus bzw. auch profunde Kenntnisse im Staatsrecht.

Einfache Lösungen oder einfache Sichtweisen sollte man von diesem Buch nicht erwarten. Der Autor versteht es, die aktuelle politische Lage in der Welt mit verschiedenen Theorien einzuordnen und zu analysieren, die sich einfachen Lösungen aus Talkshows entziehen.

Seine Darstellung des Interesses von Staaten, der verschiedenen Ansätze von Politik, Staaten, wie Russland, wirtschaftlich einzubinden und damit an kriegerischen Auseinandersetzungen zu hindern, beschreibt er ebenso, wie das Scheitern dieser Politik und der Selbsttäuschung, der sich viele Menschen in Europa und gerade in Deutschland hingeben, dass ohne militärische Macht Politik in der Welt gemacht werden kann.

Er verweist auch darauf, dass die Welt nicht nach reiner ökonomischer Logik funktioniert, sondern gerade auch historische Machtansprüche und das eigene Verständnis von Imperium, Einflusszonen und Weltmacht eine trage Rolle spielt.

Einflusszonen und der Krieg als Mittel der Politik bzw. für Politik sind, mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine, wieder an der Tagesordnung. Er bindet dabei auch Klassiker wie Clausewitz in seine Betrachtung ein und zeigt auf, dass gerade die alte Logik von Einflusszonen immer noch besteht. Ein „Frieden schaffen ohne Waffen“ hat seine Grenzen an der Realität erreicht und wird sich in der Zukunft mit neuen Konflikten befassen müssen.

Sein Ausblick in die Zukunft lässt erwarten, dass neben den USA und China auch die USA, Indien und Russland in der Zukunft eine dominante Rolle spielen werden, sodass die EU gut beraten ist, in diesem Spiel aus wirtschaftlicher und militärischer Macht nicht von Anfang an in ein Hintertreffen zu geraten, gerade, wenn ein Präsident Trump den Schutz für Europa nicht mehr an die erste Stelle stellt.

Das Buch ist im Rowohlt Verlagen erschienen und für 31,00 Euro erhältlich.

Stalingrad von Wassili Grossman

Bei Grossmans Werk handelt es sich um einen Roman und damit nicht um ein Werk der Geschichtsschreibung im akademischen Sinne.  Was diesen Roman besonders macht, ist die Tatsache, dass sein Autor selbst im Zweiten Weltkrieg auf der Seite der UdSSR gekämpft hat und sein Roman teilweise autobiographische Züge trägt.

Grossman schrieb sein Buch im Zeitalter des Stalinismus, was ein Erscheinen seines Werkes lange Zeit verhindert hat und es starker Einflussnahme der Zensur unterlag. Bis heute ist die Aufarbeitung der Werksgeschichte nicht abgeschlossen, was im Buch selbst auch dargestellt wird.

Das Buch ist einfach zu lesen und man kann sich schnell in die Welt der Figuren hineinversetzen. Was etwas kompliziert ist, ist die Tatsache, dass die Figuren schnell eingeführt werden und sich ihre Wege teilweise kreuzen, sodass man schnell der Überblick verlieren kann bei der Erzählung.

In der Mitte des Buches wechselt die Erzählung auch teilweise auf die Seite der Deutschen, sodass man auch diese Seite aus der Nähe des Buches betrachten kann. Man merkt der Darstellung aber eine Überhöhung der sowjetischen Sichtweise an und auch die Ansicht, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Es ist eben ein Roman und keine objektive, historische Darstellung.

Auf den Gut 1222 Seiten, mit Vor- und Nachwort, wird dem Leser aber eine spannende Lektüre geboten. Die Handlungen orientieren sich dabei lose an den historischen Ereignissen der Zeit. Die privaten Lebensgeschichten der Figuren nehmen teilweise einen breiten Raum ein, was manchmal zu einigen Längen in der Darstellung führt, wohingegen andere Passagen sehr kurz, bündig und intensiv geschildert werden.

Es liegt somit am Interesse des Lesers, ob  er sich auf dieses umfangreiche Werk einlassen möchte. Man sollte aber hier keine leichte Bettlektüre erwarten, sondern man muss bereit sein, sich auf die Zeit und die Ereignisse einzulassen, was dann aber zu einem sehr intensiven Leseerlebnis führt.

Das Werk erschien im Ullstein Verlag und ist für 23,99 Euro zu erwerben.

Schumacher, Gerhard: Vorwärts in die Vergangenheit, Durchblick durch einige „reichsbürgerliche“ Nebelwände, 2. Auflage, Hannover, jmb-Berlag, 2018

Aufgrund eines von mir gegebenen Seminars hatte ich die für mich interessante Gelegenheit, mich erneut und vertieft mit dem Thema der sogenannten „Reichsbürger“ zu befassen.

Dieses Thema ist primär für die Verwaltungen interessanten, insbesondere für die Eingriffsverwaltungen, wie die Ordnungsämter, Bauämter, aber auch für den Bereich der Jobcenter.

Sogenannte „Reichsbürger“ lassen sich dabei nicht in ein einheitliches Schema oder in eine Gedankenwelt einordnen, sondern sie neigen dazu, Versatzstücke aus verschiedenen Verschwörungstheorien zu kombinieren, um ihre eigene und absolut wahre Weltsicht zu untermauern.

Bindendes Glied dieser losen „Bewegung“ ist dabei die Ablehnung des Staates, seiner Behörden und seiner Anordnungen, meist gespeist durch ein eigenes Gefühl der Minderwertigkeit und ein Scheitern im persönlichen Leben.

Die „Bewegung“ ist untereinander auch stark fragmentiert, sodass sie auch sich ausschließende Erzählungen pflegen und es diverse Könige, Grafen und „Reichsregierungen“ gibt, die natürlich alle jeweils die einzig Wahre sind.

In diesem Zusammenhang passt das hier vorgestellte Buch von Gerhard Schuhmacher, welcher, mit einer gewissen Ironie, die wesentlichen „Argumente“ der „Reichsbürger“ darstellt und deren Kern freilegt der, fast immer, auf Lügen und falschen Behauptungen basieren und im Rest der Fälle, im besten Fall, auf einer gravieren Unvermögen des Verstehens und Lesen von Texten, insbesondere von Urteilen und Rechtstexten.

Auf 408 Seiten und in einem großen Anhang stellt er darf, dass die gängigen Behauptungen der „Reichsbürger“ schlicht Lügen sind, die man mit einfachen Mitteln. etwa einer schnellen Recherche zu angeführten „Quellen“ der „Reichsbürger“ enttarnen kann.

Besonders die Ausführungen, dass das Deutsche Reich noch bestehe oder Deutschland sich im Kriegszustand befindet, sind Narrative, die von der Szene gepflegt werden, aber von anderen Teilen, die eine „Selbstverwaltung“ in einer Plattenbauwohnung gründen, abgelehnt werden.

Für eine Vertiefung bei der Beschäftigung mit dem Thema, kann das Werk nur empfohlen werden, hingewiesen sei aber darauf, dass es sehr in die Tiefe geht und damit ein starkes Interesse und eine Gewisse Vorkenntnis erfordert, die Sachverhalt ganz zu erfassen.

Schöneberger, Christoph und Sophie: Die Reichsbürger

In Vorbereitung für ein Seminar zu diesem Thema habe ich dieses Werk, als aktuelle Ausarbeitung, gelesen. Es ist mit 139 Seiten Fließtext kompakt, gut und flüssig geschrieben.

Die beiden Autoren geben einen Überblick über die Verhaltensweisen von sogenannten „Reichsbürgern“ und deren Gedankenwelt und stellen Verbindungen zu aktuellen Gruppierungen und Ereignissen her.

Einige der Gedankenkonstrukte der „Reichsbürger“ werden angesprochen, vor allem deren starke Ablehnung des derzeitigen Staatsgebildes. Die Autoren kommen dabei zu dem Schluss, dass „Reichsbürger“ nicht pauschal als Verrückte eingeordnet werden können, sondern es ein breites Spektrum an verschiedenen Ansichten und Auswüchsen in dieser Szene gibt.

Interessant an diesem Werk ist, dass die verschiedenen Gruppierungen, wie Königreiche, Reichsregierungen und Selbstverwalter, anhand von aktuellen Beispielen referiert werden und man eine Vorstellung davon erhält, wie diese Menschen die Welt sehen und sich in dieser verorten.

Wichtig ist dabei auch die Feststellung, dass sich die „Argumente“ der „Reichsbürger“ zwar juristisch schnell entkräften lassen, dass dies aber nicht ausreicht, um andere Menschen von der Richtigkeit der Rechtsordnung zu überzeugen. Die Rechtsordnung lebt davon, dass die Masse der Menschen an diese glaubt, ihre Gerechtigkeit, Verbindlichkeit und deren Funktionsfähigkeit. Genau hier setzen „Reichsbürger“ aber an und wollend den Glauben an die Verbindlichkeit des Staates, des Rechtes und der Verwaltung unterwandern.

Grund dafür ist meist, dass man im eigenen Leben, sozial und wirtschaftlich, gescheitert ist, was man natürlich nicht sich selbst zu schreiben kann und will, sondern dies auf Verschwörungen, den „Deep State“ und die jüdische Weltverschwörung schiebt, deren Opfern man geworden sei, damit man selbst keine Verantwortung für das eigene Scheitern tragen muss.

Insgesamt ein sehr kurzwelliges, aber auch anspruchsvolles Buch, welches für 18,00 Euro im Buchhandel erhältlich ist.

The last testament of Lucky Luciano – Martin A. Gosh & Richard Hammer

Das Buch liegt mir im englischen Original in der Fassung von 1975 vor. Ich habe es von einem privaten Käufer aus den USA bezogen, da es in Europa nicht zu erhalten war.

Es umfasst 450 Seiten Fließtext, wobei es weniger eine Autobiographie ist, als vielmehr eine Biographie über Luciano mit einigen Einstreuungen wörtlicher Zitate.

Das Werk beginnt mit den Eltern und deren Auswanderung in die USA und beschreibt von der Kindheit bis zum Tod den Lebensweg Lucianos.

Den größten Teil des Werkes nimmt dabei seine Zeit in der organisierten Kriminalität ein, dicht gefolgt von seiner Zeit im Gefängnis, in Kuba und in Italien. Ob die im Buch geschilderten Abläufe etc. der Wahrheit entsprechen, dürfte sich kaum abschließend klären lassen. In der Summe wird in dem Buch Lucianos Verbindung zur Unterwelt als eine Geschäftsbeziehung beschrieben, bei der er nur im Notfall auf Gewalt zurückgegriffen hat. Er selbst sah sich als ein Geschäftsmann an, der die schlechte Situation seiner Familie hinter sich lassen wollte, um Geld zu verdienen.

Diese Ansicht taucht auch mehrfach im Buch auf, bereits in seiner Kindheit. Er selbst meinte dazu, dass er nur eine sehr schlechte Bildung genossen habe und seine Bildung auf der Straße fand. Erst später, im Gefängnis, habe er, durch Studium der dortigen Bibliothek, ein breiteres Wissen erlangt. Markant dafür war auch, dass in seiner Familie und in seinem Umfeld nur Italienisch gesprochen wurde und er das Englisch der Straße erlernte, was er später als Nachteil ansah, wenn er mit Menschen konfrontiert wurde, die mehrere Sprachen sprechen konnte und eine fundierte Bildung besaßen.

Das Buch beschreibt dabei nicht nur seine „geschäftlichen Aktivitäten“, sondern geht auch auf seine Beziehungen zu Freunden, Frauen und der Gesellschaft ein, wie auch auf seine Gerichtsverfahren und das Verhältnis zu den Behörden in seinen Aufenthaltsländern.

Wer ein Buch in der Form einer Biographie sucht, die nicht nur auf die organisierte Kriminalität, sondern auch auf die Menschen und die Gesellschaft eingeht, ist hier an der richtigen Stelle gelandet. Zu beachten ist allerdings, dass der Wahrheitsgehalt, wie meist in Autobiographien, nicht als gesichert angesehen werden kann.

Schurz, Carl: Lebenserinnerungen

Vorliegend habe ich die zweibändige und gekürzte Ausgabe des Wallenstein Verlages aus dem Jahr 2016 in der zweiten Auflage gelesen.

Bei den Erinnerungen handelt es sich um Aufzeichnungen von Carl Schurz selbst, die er in deutscher und in englischer Sprache verfasst hat, die hier einheitlich in deutscher Sprache wiedergegeben werden.

Die Biographie beginnt dabei mit seiner Kindheit, seiner Familie und seinem Studium und beschreibt auch intensiv die Zeit von 1848 und seine politischen Ansichten. Dieser Teil macht den ersten Band der Biographie aus, der auch seine Immigration nach England und später in die USA enthält.

Der zweite Band legt den Focus dann auf die Zeit in den USA, seine Gespräche mit Lincoln und den Sezessionskrieg sowie den Anfang seiner politischen Laufbahn in den USA, wo der zweite Band dann endet.

Die (Auto-)Biographie ist natürlich sehr aus der Sicht des Autors geschrieben, wobei er in vielen Fällen sehr detailreich seine Eindrücke und Gedankengänge schildert. Vor allem seine Beschreibungen aus der Zeit des Bürgerkrieges, die Berichte zu den Schlachten und den Soldaten und den zwischenmenschlichen Beziehungen sind sehr lesenswert und lenken den Focus weg vom politischen Geschehen mehr hin auf die Ereignisse im Kleinen.

Die Beziehungen zur großen Politik, wie Lincoln, kommen dabei nicht zu kurz. Er beschreibt die Gespräche mit den Größen der Zeit, später auch mit Bismarck und gibt Einblicke in die Themen, die die Zeit bewegten, wie auch den Charakter dieser Persönlichkeiten.

Über seine Familie spricht er nur am Rande, was aber den Fluss der Darstellung sehr zugutekommt, da die Leser wohl eher an den Ereignissen der Zeit interessiert sind.

Positiv fällt auch auf, dass er die allgemeinen Lebensumstände, die Arbeitslage und die Wohnsituationen vor Ort immer wieder beschreibt, was einen Einblick in die Lage der allgemeinen Bevölkerung zulässt.

Gerade für Leser, die an der Geschichte der USA oder primär der deutschen Auswanderer in den USA interessiert sind, dürfte das Lesen sehr lohnenswert sein.

Die Biographie ist im Handel für rund 40,00 Euro erhältlich.