Schumacher, Gerhard: Vorwärts in die Vergangenheit, Durchblick durch einige „reichsbürgerliche“ Nebelwände, 2. Auflage, Hannover, jmb-Berlag, 2018

Aufgrund eines von mir gegebenen Seminars hatte ich die für mich interessante Gelegenheit, mich erneut und vertieft mit dem Thema der sogenannten „Reichsbürger“ zu befassen.

Dieses Thema ist primär für die Verwaltungen interessanten, insbesondere für die Eingriffsverwaltungen, wie die Ordnungsämter, Bauämter, aber auch für den Bereich der Jobcenter.

Sogenannte „Reichsbürger“ lassen sich dabei nicht in ein einheitliches Schema oder in eine Gedankenwelt einordnen, sondern sie neigen dazu, Versatzstücke aus verschiedenen Verschwörungstheorien zu kombinieren, um ihre eigene und absolut wahre Weltsicht zu untermauern.

Bindendes Glied dieser losen „Bewegung“ ist dabei die Ablehnung des Staates, seiner Behörden und seiner Anordnungen, meist gespeist durch ein eigenes Gefühl der Minderwertigkeit und ein Scheitern im persönlichen Leben.

Die „Bewegung“ ist untereinander auch stark fragmentiert, sodass sie auch sich ausschließende Erzählungen pflegen und es diverse Könige, Grafen und „Reichsregierungen“ gibt, die natürlich alle jeweils die einzig Wahre sind.

In diesem Zusammenhang passt das hier vorgestellte Buch von Gerhard Schuhmacher, welcher, mit einer gewissen Ironie, die wesentlichen „Argumente“ der „Reichsbürger“ darstellt und deren Kern freilegt der, fast immer, auf Lügen und falschen Behauptungen basieren und im Rest der Fälle, im besten Fall, auf einer gravieren Unvermögen des Verstehens und Lesen von Texten, insbesondere von Urteilen und Rechtstexten.

Auf 408 Seiten und in einem großen Anhang stellt er darf, dass die gängigen Behauptungen der „Reichsbürger“ schlicht Lügen sind, die man mit einfachen Mitteln. etwa einer schnellen Recherche zu angeführten „Quellen“ der „Reichsbürger“ enttarnen kann.

Besonders die Ausführungen, dass das Deutsche Reich noch bestehe oder Deutschland sich im Kriegszustand befindet, sind Narrative, die von der Szene gepflegt werden, aber von anderen Teilen, die eine „Selbstverwaltung“ in einer Plattenbauwohnung gründen, abgelehnt werden.

Für eine Vertiefung bei der Beschäftigung mit dem Thema, kann das Werk nur empfohlen werden, hingewiesen sei aber darauf, dass es sehr in die Tiefe geht und damit ein starkes Interesse und eine Gewisse Vorkenntnis erfordert, die Sachverhalt ganz zu erfassen.

Schöneberger, Christoph und Sophie: Die Reichsbürger

In Vorbereitung für ein Seminar zu diesem Thema habe ich dieses Werk, als aktuelle Ausarbeitung, gelesen. Es ist mit 139 Seiten Fließtext kompakt, gut und flüssig geschrieben.

Die beiden Autoren geben einen Überblick über die Verhaltensweisen von sogenannten „Reichsbürgern“ und deren Gedankenwelt und stellen Verbindungen zu aktuellen Gruppierungen und Ereignissen her.

Einige der Gedankenkonstrukte der „Reichsbürger“ werden angesprochen, vor allem deren starke Ablehnung des derzeitigen Staatsgebildes. Die Autoren kommen dabei zu dem Schluss, dass „Reichsbürger“ nicht pauschal als Verrückte eingeordnet werden können, sondern es ein breites Spektrum an verschiedenen Ansichten und Auswüchsen in dieser Szene gibt.

Interessant an diesem Werk ist, dass die verschiedenen Gruppierungen, wie Königreiche, Reichsregierungen und Selbstverwalter, anhand von aktuellen Beispielen referiert werden und man eine Vorstellung davon erhält, wie diese Menschen die Welt sehen und sich in dieser verorten.

Wichtig ist dabei auch die Feststellung, dass sich die „Argumente“ der „Reichsbürger“ zwar juristisch schnell entkräften lassen, dass dies aber nicht ausreicht, um andere Menschen von der Richtigkeit der Rechtsordnung zu überzeugen. Die Rechtsordnung lebt davon, dass die Masse der Menschen an diese glaubt, ihre Gerechtigkeit, Verbindlichkeit und deren Funktionsfähigkeit. Genau hier setzen „Reichsbürger“ aber an und wollend den Glauben an die Verbindlichkeit des Staates, des Rechtes und der Verwaltung unterwandern.

Grund dafür ist meist, dass man im eigenen Leben, sozial und wirtschaftlich, gescheitert ist, was man natürlich nicht sich selbst zu schreiben kann und will, sondern dies auf Verschwörungen, den „Deep State“ und die jüdische Weltverschwörung schiebt, deren Opfern man geworden sei, damit man selbst keine Verantwortung für das eigene Scheitern tragen muss.

Insgesamt ein sehr kurzwelliges, aber auch anspruchsvolles Buch, welches für 18,00 Euro im Buchhandel erhältlich ist.